report - dieter daniels /besprechung
ulrich polster - report /von dieter daniels
Auf sieben Monitoren laufen parallel Ausschnitte der Fernsehberichte über die Jugoslawienkriege, den 10-Tage-Krieg in Slowenien im Juni 1991 sowie zum Massaker von Srebrenica im Juli 1995. Polster hat für diese Arbeit von Juni 2011 bis Juli 2015 einen Großteil der relevanten Wiederholungen der Tagesschau vor 20 Jahren des Digitalsenders tagesschau24 (lief bis 2012 unter dem Namen ARD EinsExtra) aufgenommen. Aus diesen rund 200 Stunden Material hat er die Berichte zu Jugoslawien herausgefiltert, um sie in einer verdichteten Montage auf sieben zeitgleich sichtbaren Videokanälenneu sichtbar zu machen.
Polster schreibt im nicht publizierten Konzept zu dieser Arbeit: “Ausgangspunkt meiner Beschäftigung mit dem TV Material der abendlichen Tagesschau war der Wunsch, die damaligen Ereignisse des Zerfalls Jugoslawiens und dem anschließenden Bürgerkrieg mit all seinen schrecklichen Auswirkungen zu verstehe Bei der intensiveren Beschäftigung mit dem Nachrichtenmaterial fielen mir einige medienspezifische Besonderheiten des Formates auf. Erstens die unglaubliche Brutalität und Direktheit der Bilder: Allabendlich wurden die Kriegshandlungen ungefiltert zur besten Sendezeit in den Nachrichten gezeigt. In ihrer Direktheit und Schonungslosigkeit wirken die Sequenzen heute fast noch schockierender, als es damals der deutsche Fernsehzuschauer empfunden haben muss. Aus heutiger Sicht irritierend ist der Gegensatz zwischen der Intensität der Darstellung der Ereignisse und ihrer Wirkung. Immerhin hat es erst Srebrenica bedurft, ehe sich ‘die Welt’ zu einem Einschreiten genötigt sah. Mir scheint, dass die Mechanismen unserer heutigen Mediendemokratie andere (politische) Reaktionen hervorrufen würde. Zweitens die Dauer der Berichterstattung: In den bisherigen 3 Jahren war die Berichterstattung, trotz kleinerer Wellenbewegungen, relativ konstant. Fast schon wie eine abendliche Fortsetzungsserie. Vielleicht liegt hier auch eine der Erklärungen der Wirkungslosigkeit der Bilder. Das ‘Fortsetzungsformat’ erlaubt eine innerliche Distanzierung und befördert ein Abstumpfen gegenüber dem Gezeigten”
Dieter Daniels